Jahresrückblick 2023
Es ist kalt in Berlin, die Tage sind kurz und Weihnachten steht vor der Tür. Bevor sich das Jahr nun dem Ende neigt, möchten wir gerne berichten, was sich 2023 bei SprInt ereignet hat.
Bildung im Brennpunktkiez
Der Medienhof-Wedding war in diesem Jahr wieder einmal voll! Es kamen durchschnittlich über 40 Kinder am Tag, im ganzen Jahr waren es über 1000. Nach Corona, wegen Organisationsproblemen an Schulen (Lehrer- und Raummangel, viele Unterrichtsausfälle, Lernschwächen und Sprachbarrieren bei den Schülern) und durch akuten Flüchtlingszuzug ist die Quote derjenigen, die kaum auf Deutsch lesen und schreiben können, rapide angestiegen. Viele beherrschen einfache fachliche Grundlagen wie den Basiswortschatz, das Einmal-Eins oder das Entziffern einfacher Diagramme und Karten nicht. SprInt musste entsprechend mehr Lehramtsstudierende einteilen, damit alle Kinder und Jugendliche weiterhin eine gute individuelle Sprach- und Lernbegleitung bekommen. Vielen konnten wir zu besserem Sprachverständnis und zu besseren Noten verhelfen, aber das hatte seinen Preis. Unser Etat für Honorare wurde um mehr als 30.000 Euro überschritten. Das geschah auch deshalb, weil wir den Stundensatz für die studentischen Lehrer in diesem Jahr von 13 auf 15 Euro angehoben haben.
Zum Glück konnten wir in gleichem Maß Spenden einwerben, wie wir Zusatzausgaben bei den studentischen Honoraren hatten. Durch die Kemis-Stiftung, durch einen Spenden-Aufruf unseres Gesellschafters Herr Bloechle und weitere Spenden z. B. der Sparkasse, der Oscar- und Adelheid-Merkowitz-Stiftung oder der Stiftung „Berlin hilft e.V.“ konnte die entsprechende Finanzierungslücke geschlossen werden. Wir danken allen, die uns so großzügig unterstützt haben!
Wie ein Damoklesschwert hing in diesem Jahr die Drohung einer Kürzung unseres Etats um 50.000 Euro über SprInt. Angesichts der Kostensteigerungen hätte das jährlich ein Defizit von annähernd 100.000 Euro bedeutet, was wir nicht mehr hätten über Spenden auffangen können. Zum Glück haben uns BildungspolitikerInnen aus dem Abgeordnetenhaus maßgeblich dabei unterstützt, dass es doch nicht zu der drohenden Kürzung kam. Wir freuen uns sehr, dass auch die Politik unsere Arbeit mit den Kindern schätzt!
In diesem Jahr ist über den gut laufenden Regelbetrieb hinaus sehr viel passiert. Neue Projekte wurden angestoßen und alte erfolgreich weitergeführt.
Doch eins nach dem anderen;
Politische Diskussion im Medienhof-Wedding
SprInt verstehe sich auch immer als Ort für politische Bildung. Vor der Berlin-Wahl im Februar veranstalteten wir deshalb eine Diskussionsrunde zum Thema „Bildungsgerechtigkeit im Wedding“. Wir waren überrascht, wie viele Jugendliche und Menschen aus dem Kiez daran teilnahmen. Viele Engagierte lernten sich zudem nach den Diskussionen beim Buffet näher kennen. So hatten wir also auch ein politisches Netzwerktreffen im Kiez angeregt.
Kooperation mit der FU Berlin
Ein schönes gemeinsames Projekt mit der FU Berlin startete im April mit dem Sommersemester. Studierende der Universität machten praktische Erfahrungen in den Schulklassen unserer Kooperationsschulen. Dann fertigten sie zu den Schulthemen, die sie dort behandelt hatten, Sprachfördermaterialien für die Kinder an. Menschen mit nichtdeutscher Herkunftssprache fällt das Lesen und Schreiben nämlich naturgemäß viel schwerer als Muttersprachlern. Vor allem an komplexen Fachtexten scheitern viele. Die Studenten stellten deshalb zur sprachlichen Begleitung und Unterstützung der Schüler durchdachte und wirksame Deutsch-als-Zweitsprache-Materialien für den Fachunterricht her. Angeleitet wurde das sogenannte „SprInt-Seminar“ an der FU von der Dozentin Frau Barbara Krischer und der Professorin Dr. Diana Maak. Auch im nächsten Jahr wollen wir wieder kooperieren.
Kieztheater Wedding
Das zweite Stück des Kieztheater Wedding, den Sommernachtstraum spielten wir diesmal Ende Mai, allerdings in einer Wedding-Version. Armut, Clan-Chefs, Drogendealer, Flaschensammler, Barsängerinnen und eine Penny-Supermarkttruppe kamen nun in dem alten Shakespeare-Stück vor. Wir danken der Stiftung Werkschule und dem Pfefferwerk für ihre Unterstützung für unsere diverse Laienspielschar aus dem Kiez!
Ausflugswoche in den Sommerferien
Die Gruppe, die an unserem Ferienprogramm teilnahm, war so bunt wie der Wedding selbst. In diesem Jahr bestand sie aus etwa 30 Kindern unterschiedlicher Herkunft. Neben Kindern aus deutschen, türkischen und albanischen Familien waren auch viele ukrainische Kinder dabei. Trotz der anfänglichen Sprachbarrieren bildeten sich zwischen den Kindern enge Freundschaften. Sie halfen sich gegenseitig, übersetzten untereinander und sprachen einander Mut zu.
Fortbildung in Gussow
Auch in diesem Jahr gab es eine Deutsch-als-Zweitsprache-Fortbildung für unsere neuen studentischen Mitarbeiter. Zwei Tage lang führte Barbara Krischer von der FU Berlin in die Schwierigkeiten der deutschen Sprachvermittlung im Fach ein. Das Treffen diente natürlich auch dem Teamaufbau. Alle spielten zusammen Tischtennis oder Volleyball, Kicker oder Fußball, gingen gemeinsam Schwimmen und grillten zusammen. Ein produktives und tolles Wochenende!
Patenschaften im Parkviertel
Das diesjährige Aushängeschild von SprInt war aber definitiv unser neues Patenschaftsprojekt. Es lief von Anfang an super. Die Gottfried-Röhl-Schule aus dem Parkviertel im Wedding war glücklich, auch einmal in den Genuss einer Förderung zu kommen, zumal bei einem Patenschaftsprojekt, das sie dort schon immer machen wollten. Die beiden Organisatorinnen des Projektes Alina Grimbo und Svenja Rapp fanden schnell zwanzig wunderbare Patinnen und Paten die sich als Schreib- und Lesepaten einbringen wollten. Nach einer kurzen Ausbildung kamen diese Mentoren mit ihren kleinen zehnjährigen Mentis zusammen. Die Lehrer aus den 5. Klassen der Gottfried-Röhl waren glücklich, die Eltern waren es und nahmen die Paten zuhause mit offenen Armen auf, die Kinder und die Paten verstanden sich in der Regel prächtig. Schon ein halbes Jahr nach dem Start lässt sich erkennen, dass sich die Noten und die Einstellung der Kinder zum Lernen verbessert haben. Das Projekt wird über das Senatsprogramm F.E.I.N. finanziert.
Ehrenamt und Engagement
Wir sind stolz auf unsere Ehrenamtlichen! Viele Berufstätige, Rentner oder Studenten arbeiten bei SprInt pro bono im Nachhilfebetrieb und im Patenschaftsprojekt. Vielen Dank an Sie! Um unsere Wertschätzung auszudrücken, veranstalten wir einmal im Jahr ein kleines Festessen für sie.
Erste Früchte der initiative Zukunftskiez
Vor zwei Jahren gründete SprInt mit einigen Trägern aus dem Soldiner Kiez die „Initiative Zukunftskiez e.V.“. Wir wollten zusätzliche Gelder in den Kiez holen, unter Beteiligung aller Bildungsakteure sinnvolle, nachhaltige Bildungsmaßnahmen identifizieren und die dann auch mit dem Geld umsetzen. Das ist uns in diesem Jahr erstmals gelungen! SprInt im Speziellen machte mit der Andersen-Grundschule und der Carl-Kraemer-Grundschule jeweils ein Theater- und ein Kunstprojekt. Die Kinder aus den 6. Klassen beschäftigten sich mit dem Thema „Übergänge“, entwickelten dann eigene Ausdrucksformen und führten ihre kleinen Stücke vor einem veritablen Publikum auf.
Adventskalender durch den Soldiner Kiez
Im Sommer die Kiezrallye, im Winter der lebendige Adventskalender – das hat im Soldiner Kiez schon Tradition. Dieses Jahr beantragte SprInt das Geld für die Flyer und die Geschenke vom Programm „Demokratie leben“. Und noch in keinem Jahr gab es einen solchen Zustrom! Neben Stockbrot grillten die Kinder auch 1000 Marshmallows und 450 Würstchen bei uns im Medienhof-Wedding.
Jeden Tag gibt es ein Angebot eines Trägers aus dem Kiez. Die Aktionen finden deshalb statt, damit die Kinder aus den Schulen die Einrichtungen im Kiez besser kennenlernen.
„Schüler helfen Schülern“ mit neuem Unterstützer
Unter der Leitung von Ranim Hassan und Elyesa Pala hat sich ein ganz neues, junges, tatendurstiges Team gefunden, dass die Nachhilfe am Freitagnachmittag anleitet. Ihnen ist es außerdem gelungen, eine Gruppe von Kindern zusammenzubringen, die immer mehr miteinander unternimmt. Es gab Ausflüge ins Computerspielemuseum oder ins Naturkundemuseum und dann gestaltete die Gruppe eigene Bastel-, Pizza- oder Backnachmittage.
Im Mittelpunkt steht aber immer noch die schulische Förderung. Die jungen Abiturienten und Studenten aus dem Soldiner Kiez sind die besten Vorbilder für die jüngeren Schüler und zeigen ihnen, was alles erreichbar ist, auch wenn man aus einem so genannten „Ghetto“ kommt. Ranim bsw. studiert Wirtschaftsingenieurwesen, Elyesa Jura.
Nachdem die JaBe-Stiftung dieses Peerleader-Projekt schon lange unterstützt, ist dieses Jahr auch dankenswerterweise die Markstein-Stiftung in die Förderung eingestiegen.
Dankeskarte von Tina Berning
Da wir all dies nicht ohne Ihre Unterstützung leisten könnten, ohne Ihre Spenden und Ihr Engagement wären die Kinder aus dem Kiez auf sich allein gestellt, möchten wir uns auch dieses Jahr mit einer Karte der prominenten Berliner Künstlerin Tina Berning bedanken. Die Karte ist limitiert und somit ein exklusives Geschenk für unsere Spender und Unterstützer.
Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://www.betterplace.org/de/projects/5160-bildungsforderung-sprint-eine-bessere-zukunft-fur-kinder-durch-bildung
Der Artikel stammt von SprInt-Leiter Herbert Weber. Herbert Weber ist gelernter Landschaftsgärtner und studierte später Politikwissenschaft, Geographie und Deutsch auf Lehramt und Magister. Nach einer Zeit als Deutschlehrer und Redakteur gründete er 2005 SprInt.