Keine Schneeflocken!

Unsere Ehrenamtler David und Gregor im Porträt

Bereits vor circa 2500 Jahren im antiken Griechenland regte sich Sokrates entsetzlich über die Jugend auf: „Die Jugend von heute liebt den Luxus, hat schlechte Manieren und verachtet die Autorität. Sie widersprechen ihren Eltern, legen die Beine übereinander und tyrannisieren ihre Lehrer“ — dass die Älteren sich über die Jüngeren ärgern, könnte man also fast als eine anthropologische Konstante betrachten, wenn man sich den roten Faden erwachsener Verzweiflung anschaut, der sich durch die Geschichte zieht und sich um die Jugend wickelt. „Ich finde das ganz schön unfair“ sagt Nicole, die sich bereits seit einigen Jahren ehrenamtlich für SprInt in der Öffentlichkeitsarbeit engagiert, und dementsprechend viel mit der Jugend von heute in Kontakt steht (außerdem ist sie selbst Mutter einer Tochter). „Zu uns kommen jeden Tag motivierte Kinder und Jugendliche, die ihre Freizeit opfern, um zu lernen und Hausaufgaben zu machen. Das ganze Gerede von angeblichen Schneeflocken finde ich ziemlichen Blödsinn.“

Bei Kritik schmelzen sie — Generation Schneeflocke

Doch, der Reihe nach. Was sind überhaupt Schneeflocken? Der renommiere Personalberater Heiner Torberg etwa äußerte unlängst in einem Gastbeitrag für die Frankfurter Allgemeine Zeitung, der deutsche Nachwuchs sei „verzärtelt“ und tauge nicht mehr zum Chef-Dasein, denn unter Druck schmelze er dahin wie Schneeflocken — Thorberg selbst zählt übrigens stolze 78 Lenze. Tatsächlich ist der Begriff der Schneeflocke längst ein politischer Kampfbegriff geworden und bezeichnet Jugendliche, die angeblich extrem sensibel, verletzlich und schwach seien, außerdem verwöhnt und faul. Auch in der Literatur wird das Thema mittlerweile verhandelt — man denke an den gleichnamigen Bestseller von Louise Nealon über die achtzehnjährige Debbie, die als Landei in der Großstadt ziemlich fehl am Platze scheint. Das Thema hat also Konjunktur (wie eingangs erwähnt, bereits seit 2500 Jahren) und wir möchten zu diesem gerne etwas beitragen: Nämlich ein Porträt über David und Gregor. Denn beide sind Millenials, also erst um die 20 Jahre alt, aber so ganz und gar keine Schneeflocken. Im Gegenteil, obwohl sie beide noch studieren — Gregor Wirtschaftsmathematik, David Betriebswirtschaftslehre — geben sie bei uns im Medienhof-Wedding ehrenamtlich Nachhilfe für SprInt und engagieren sich somit für das Gemeinwohl. Warum? „Wir sind Stipendiaten und das Geld reicht uns aus, wir brauchen im Moment nicht noch mehr davon“ sagen sie beide dazu. Wow.

David und Gregor — zwei Studenten engagieren sich ehrenamtlich für SprInt

Gregor ist Berliner und hat bereits als Schüler ehrenamtlich Nachhilfe im Medienhof-Wedding gegeben: „Meine Klassenkameraden sind damals immer zu SprInt gegangen, um Nachhilfe zu bekommen, und weil mir dort die Atmosphäre so gut gefallen hat, habe ich sie begleitet, auch wenn ich selbst keine Nachhilfe gebraucht habe. Dann hat Carsten mir angeboten, einfach selbst Nachhilfe zu geben. Mittlerweile bin ich jetzt mehr als anderthalb Jahre dabei.“ Auf einer Party erzählt er David von seinem Engagement, der ist gleich Feuer und Flamme und steigt auch bei uns ein. „Ich fand es bemerkenswert, wie viele Kinder und Jugendliche regelmäßig in den Medienhof-Wedding kommen, um zu lernen, und wie freundlich und respektvoll alle sind. Nachhilfe geben macht hier einfach Spaß.“ David kommt eigentlich aus der Nähe von Bad Münstereifel, einem beschaulichen Dörfchen bei Bonn — der Soldiner Kiez dürfte dann wohl ein ziemlicher Kulturschock gewesen sein, oder? Immerhin hat der Wedding bundesweit mit die schlechtesten Bildungsergebnisse, die Arbeitslosigkeit ist hoch, das durchschnittliche Einkommen gering. „Natürlich ist es im Wedding dreckiger und lauter, als dort wo ich herkomme — vermutlich könnte man schon von einem Brennpunkt sprechen — aber vieles, was man über die Leute im Wedding denken könnte, sind eher Vorurteile. Die Schüler, die zu SprInt gehen, sind allesamt immer ziemlich motiviert, und ihre Wissenslücken sind auf keinen Fall auf mangelnde Intelligenz zurückzuführen“ erzählt er. „Außerdem bin ich selbst multikulturell aufgewachsen: Meine Mutter kommt aus Madagaskar und mein Vater aus Polen. Ich weiß also wie es ist, wenn verschiedene Kulturen aufeinander treffen.“ Und Gregor? Der ist zwar mit Leib und Seele Berliner, aber lebte zwischenzeitlich in seiner Geburtsstadt Rostock und dann in Brandenburg: „Als wir nach Berlin zurückgezogen sind, bin ich mit meinem Zwillings-Bruder auf das Diesterweg-Gymnasium gegangen. Dort waren wir die einzigen Deutschen in der Klasse, das war auf jeden Fall eine ganz lustige Zeit. Multikulti bin ich also gewöhnt“ berichtet er und grinst.

Gesellschaftliches Engagement

„Ich finde so ein Engagement natürlich klasse“ sagt SprInt-Leiter Herbert über die Beiden. „David und Gregor sind zwei sehr sympathische, intelligente und talentierte junge Männer und ich bin sehr froh, dass sie bei uns mit an Bord sind. Sich in so einem jungen Alter ehrenamtlich zu engagieren, halte ich für etwas ganz Besonderes. Hoffentlich bleiben sie uns noch eine Weile erhalten, sie übernehmen ja auch eine gewisse Vorbildfunktion für unsere Schüler.“

Eine Vorliebe für Sport, Kochen und für Zahlen

Doch natürlich sind sie mehr als nur Studenten und Nachhilfelehrer, vielmehr haben sie auch ein reges Privatleben: Gregor ist leidenschaftlicher Koch — „Mein Lieblingsrezept ist eine richtig gute Boeuf Bourguignon oder gerne auch Barbecue. Ich koche sehr gerne und auch ziemlich gut“ erzählt er mit einem Augenzwinkern. „An Weihnachten haben wir mit der ganzen Familie ein Reh und ein Wildschwein aus der Decke geschlagen.“ Außerdem hat er zwölf Jahre Fußball gespielt und engagiert sich auch privat politisch, geht auf Veranstaltungen und Demonstrationen, „gegen die ganzen Querdenker.“ Mit David verbindet ihn die Liebe zur Mathematik — der interessiert sich besonders für Wahrscheinlichkeitsrechnungen, macht außerdem gerne Sport, geht im Fitness-Studio trainieren, Joggen, und spielt Tennis. Auch wenn er sein BWL-Studium in Berlin noch fertig machen möchte, plant er nach Bonn zurückzukehren, um dort Mathematik zu studieren — die mathematische Fakultät in der ehemaligen Hauptstadt genießt einen exzellenten Ruf. Gregor hingegen könnte sich nach seinem Studium vorstellen in einer Investmentbank oder aber in einem Start-up zu arbeiten. Glücklicherweise wird bis dahin aber noch ein wenig Wasser die Spree, bzw. den Rhein hinabfließen. Jetzt freuen wir uns erstmal, die beiden mit an Bord bei SprInt zu wissen und sagen: vielen Dank, David! Und vielen Dank, Gregor!

Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://www.betterplace.org/de/projects/5160-bildungsforderung-sprint-eine-bessere-zukunft-fur-kinder-durch-bildung

Der Artikel stammt von Matthias Stoecker, Blogredakteur SprInt.

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