Wie Fatjonas Träume fliegen lernten

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Wenn Fatjona Gashi an die Zukunft denkt, fliegen ihre Träume von einer beruflichen Karriere hoch. Die 21jährige aus dem Wedding war Förderlehrerin im Medienhof-Wedding und zeigt, wie wichtig es ist, an sich zu glauben:

Auf ihren deutschen Pass hat Fatjona unfassbar lange warten müssen: seit ihrer Geburt in Deutschland ganze 18 Jahre. So lange ließen die Behörden die Familie aus dem Kosovo im Unklaren, ob sie nicht doch noch abgeschoben wird.  Das „Leben auf dem Schleudersitz“ hat Fatjona geprägt. Begrenzungen? Gibt’s nicht für sie: Think Big! Mal sieht sie sich als Deutsche Botschafterin, mal als Firmenchefin eines multinationalen Konzerns im Kosovo, mal als an der Spitze einer internationalen Nichtregierungsorganisation. Nach so vielen Hindernissen: alles machbar, alles möglich.

Aussortiert, einsortiert

Die Kindheit in Weißensee – gerade mal 3,4 andere gibt es mit Zuwanderungsgeschichte in der Schule dieses gut-bürgerlichen Stadtteils. „Klar wurden wir diskriminiert“, antwortet sie eine Spur lauter. „Wir kamen in den Förderunterricht, ohne gefragt zu werden.“ Es muss schmerzhaft gewesen sein, bevormundet und für „zurückgeblieben“ gehalten zu werden, wenn man blitzgescheit ist. Die Familie zieht dahin, wo ein Migrationshintergrund weniger auffällt: in den Wedding. Im Förderangebot von SprInt entdeckt Fatjona, dass Vokabeln lernen Spaß machen kann, wenn nur jemand an Dich glaubt.

Von der Schülerin zum Vorbild

Als Förderlehrerin hatte sie die Rollen getauscht. Nun war sie es, die Kindern Vokabeln beibrachte. Und ihnen neben dem Schulstoff die Stärke vermittelte, die es braucht, um alte Verletzungen loszulassen. „Was die Kinder hier am dringendsten brauchen ist jemand, der nicht aus ihrer Komfortzone stammt. Der ihren Horizont erweitert.“ sagt sie.

Interesse wecken, Neues kennen lernen ist frühe Berufsorientierung

Das Leben im Wedding ist „nicht schick“, wie Fatjona sich ausdrückt, aber überschaubar. Mal, weil für zugewanderte Familien alles außerhalb bedrohlich ist. Mal, weil die Kinder niemanden haben, der ein Vorbild für eine andere Lebensführung sein könnte. Dann wieder fehlt einfach jemand, der sagt: „Du schaffst es!“ oder „Komm, ich zeige Dir was.“. Und das betrifft schließlich auch die berufliche Orientierung. „Sie müssen erfahren, dass es nicht nur Polizisten, Lehrer, Ärzte und Anwälte gibt.“ Fatjonas Freundin studiere erneuerbare Energien. „Ich wusste nicht, dass es sowas gibt. Und den Kindern geht es genauso.“

Lebensorientierung ohne Lehrplan

Fatjonas erster Lehrmeister in Sachen „Welten entdecken“ war ein Frauenfußballclub. In der Moabiter Mannschaft sind Spielerinnen, die „anders“ sind. Impulse für das ganz persönliche „Curriculum des Lebens“.

Mit 17 verdient Fatjona in einer Bank genügend Geld, um länger in Peru zu leben. Schließlich schreibt sie sich für das Studienfach „Internationale Beziehungen“ an der Uni Erfurt ein. Die Konflikt- und Friedensforschung hat es ihr angetan. Sie ist angekommen, doch ab und an blitzt die Vergangenheit auf: „Erst letzte Woche musste ich an der Uni fragen, was „Eloquenz“ bedeutet. Meine Freunde haben gelacht und da habe ich gesagt: Ich kann fünf Sprachen – also haltet die Schnauze.“

Das ist ein guter Grund, warum Fatjonas Träume weiterfliegen können.

 

 

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Der Artikel stammt von Ute Hempelmann, Blogredakteurin SprInt.