Beyza im Porträt

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Bis vor kurzem war Beyza jeden Tag im Medienhof-Wedding, um zu lernen und um sich auf Prüfungen vorzubereiten: „Besonders in Mathe und Geschichte habe ich Hilfe gebraucht“ erzählt sie im Interview, „ohne SprInt wäre ich auf jeden Fall nicht so gut durch die Schule gekommen.“ Ihr Fleiß hat sich ausgezahlt, denn mittlerweile hat sie ihr Abitur in der Tasche und ist an der HTW Köpenick für Gesundheitselektronik eingeschrieben. „Mein Vater ist total stolz auf mich. Egal, ob jemand fragt oder nicht, er erzählt jedem: ‚Meine Tochter wird Ingenieurin‘!“

Beyza entspringt einer türkisch-kurdischen Familie, die Mutter ist bereits in Berlin geboren, verdient ihr Geld als medizinische Fachangestellte, der Vater ist vor ungefähr 30 Jahren eingewandert und arbeitet als Bäcker. „Bildung ist unserer Familie sehr wichtig“ sagt Beyza dazu, auch wenn es im Wedding nicht selbstverständlich ist, dass man eine Ausbildung macht oder zur Uni geht. „Mein Vater möchte, dass seine Töchter auf eigenen Beinen stehen und später nicht von einem Mann abhängig sind“ erzählt sie. Auch ihre beiden Schwestern studieren, ihr Bruder, der Jüngste in der Familie, ist sogar Stufenbester: „Das heißt aber nicht, dass er wie ein Pascha behandelt wird, im Gegenteil“ sagt Beyza und lacht: „Bei uns läuft das mit der Gleichberechtigung ein bisschen anders ab, als in anderen Familien hier, bei denen werden die Söhne ja manchmal etwas verhätschelt.“

Es macht Spaß, sich mit Beyza zu unterhalten: Sie ist lustig, charmant und hat einen feinen Sinn für Ironie. In der Uni hat sie sich schnell eingelebt, obwohl das Studium für sie eine gewisse Umstellung bedeutet hat, wie sie freimütig bekennt: „Während meiner Schulzeit waren bei mir meistens nur Muslime in der Klasse, an der Uni bin ich eine der Wenigen, die Kopftuch trägt.“ Dennoch betont sie: „Ich komme mit Jedem klar!“. Sie findet schnell Freunde, mit denen sie in den Pausen einen Kaffee trinken geht oder sich auf die Prüfungen vorbereitet – manchmal kommt sie dafür noch zu SprInt in den Medienhof-Wedding: „Hier wird mir einfach immer geholfen, ich bin so froh, dass es euch gibt“ sagt sie dazu. „Außerdem vermisse ich die Gespräche, es hat immer Spaß gemacht, sich mit den Lehrern auszutauschen – und sich mit Herbert zu streiten!“ Der Medienhof-Wedding als interkulturelles Begegnungszentrum, in dem verschiedene Kulturen aufeinandertreffen und manchmal auch aufeinanderprallen; ein Topoi, der uns häufig begegnet, wenn wir uns über das Projekt austauschen.

Worüber sie mit Herbert streitet? „Das Kopftuch, die Rolle der Frau im Islam, Politik allgemein.“ Denn auch wenn sich Beyzas Geschichte liest wie eine Erfolgsstory, offenbart sie im Detail doch auch immer wieder, dass Sand im Getriebe der Integration ist: „Meine Schwestern studieren auf Lehramt. Sie schreiben sehr gute Noten. Trotzdem wird es für sie schwierig werden, einen Job zu kriegen, und das nur weil sie Kopftuch tragen. Das finde ich unfair!“ sagt Beyza. Umgekehrt hat sie relativ wenig zu kritisieren, wenn es um die eigene Community geht, der Islam sei eine perfekte Religion, die Deutschen hätten lediglich Vorurteile und ein falsches Bild. Außerdem ist sie glühender Anhänger des türkischen Ministerpräsidenten Recep Erdoğan, was wiederrum bei dem ein oder anderen Förderlehrer im Medienhof-Wedding für Kopfschütteln sorgt. „Trotzdem fühle ich mich Deutsch“ sagte Beyza, und zwar besonders dann, wenn sie Urlaub im Heimatland ihrer Eltern macht: „Es gibt ein türkisches Sprichwort: ‚Burda Yabanci orda Almanci‘. Das bedeutet so viel wie, dass ich in Deutschland türkisch und in der Türkei deutsch bin. Die Türken merken auch sehr schnell, dass man eigentlich nicht aus der Türkei kommt, und das lassen sie einen auch durchaus spüren.“

„Egal“, sagt Beyza und lacht: „ich bin Teil von beiden Welten und mag auch beide Welten.“ Viel wichtiger als ihre Nationalität sind ihr derzeit auch ihre Leistungen in der Uni, Klausuren stehen an, bis sie dann endlich ihren Abschluss in der Tasche hat und arbeiten gehen kann – als Ingenieurin. Wow. Kein Wunder, dass ihr Vater glüht vor Stolz. Und wir von SprInt sind froh, dass wir ihr ein bisschen auf ihrem Weg helfen konnten.

Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://www.betterplace.org/de/projects/5160-bildungsforderung-sprint-eine-bessere-zukunft-fur-kinder-durch-bildung

 

Der Artikel stammt von Matthias Stoecker, Blogredakteur SprInt.

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