Pfannkuchen wenden, Kirschlorbeer stutzen: Traumjobs zum Ausprobieren im Medienhof-Wedding

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Die Suche nach einem passenden Beruf ist für viele Jugendliche eine harte Nuss. Informationen bekommen sie bei der Arbeitsagentur und in der Schule. Und trotzdem entsteht bei vielen keine greifbare Vorstellung, was im Joballtag passiert. Bei SprInt im Medienhof-Wedding konnten Kinder und Jugendliche sich und einige Berufe bei einer Rallye ausprobieren. Ute Hempelmann berichtet:

 

Berufsorientierung zum Reinschnüffeln

Eine Clique von Jungen aus dem Wedding entdeckt eine unbekannte Welt: das Kochen. Kartoffeln schälen, Gemüse bestimmen, Pfannkuchenteig ansetzen – in der Küche des Medienhof-Weddings riecht es nach Essen. Und dann die „Meisterprüfung“: Pfannkuchen in der Luft wenden.

Die Pfannkuchen fliegen, Thomas Mosebach im Kochdress mahnt: „Wenn was daneben geht, müsst ihr putzen.“ Es geht nichts daneben. Die Jungen fragen sogar nach Stift und Zettel, um das Rezept aufzuschreiben. Die Zutatenliste steht. „Und was kommt zuerst in die Schüssel?“ Ratlosigkeit. Plötzlich wird klar, warum Rezepte eine Kochanleitung haben.

 

Kraftstoff Bildung – und dann?

Dass die Pfannkuchen im Medienhof-Wedding fliegen lernen und Kinder und Jugendliche eine genauere Vorstellung vom Alltag in verschiedenen Berufen bekommen, ist dem Netzwerk „Kiezbildung“ zu verdanken. „Deine Reise in die Zukunft – Kraftstoff Bildung“ heißt das Motto der Veranstaltung, an der sich SprInt und 13 weitere Bildungseinrichtungen aus dem Viertel beteiligt haben: Stadtteilmütter und Schulen, Sportlotsen und das Jugendzentrum, das Quartiersmanagement, ein Museum oder auch „Stadtgeschichten e.V.“.

Den „Kraftstoff Bildung“ liefert SprInt wochentäglich, wenn bis zu 50 Kindern bei den Hausaufgaben geholfen wird oder Lehramtsstudenten Sprachförderung an einer der Schulen im Viertel machen. Allerdings ist dem SprInt-Team immer bewusst, dass Bildung als Kraftstoff wenig nutzt, wenn am Ende der Schulzeit Ratlosigkeit ausbricht und weder Lehrstelle noch Studienplatz in Sicht sind. Schlimmer noch: wenn jede Idee fehlt, was junge Erwachsene mit ihrer Zukunft überhaupt anfangen können. Und darum beschloss das Team: „Wir machen Berufsorientierung zum Anfassen“.

Am Tag der Rallye verwandeln sich Innenhof und Räume des Medienhof-Weddings in einen „Berufs-Parcours“: Für eine Zukunft mit Beruf – in einem Beruf, der Zukunft hat. Mit Spaß und Action: Nicht viel lesen, nicht viel schreiben. Stattdessen: Ausprobieren, selber machen.

 

Viel Arbeit für das Orga-Team

„Berufs-Botschafter“ zu finden, die Schülerinnen und Schülern im Medienhof-Wedding ihren Berufsalltag näher bringen könnten, war allerdings schwieriger als eine Stecknadel im Heuhaufen zu finden. Manche wollten wegen Corona nicht mitmachen, dann wieder teilten ganze Berufsverbände dem Team mit, sie hätten weder einen Mitarbeiter noch einen Azubi, der bei der Rallye dabei sein könnte. Die IHK kann nicht weiterhelfen, die Handelskammer auch nicht – so mussten wir Verbände und Innungen einzeln abklappern. Zoll oder Berufsfeuerwehr verzichten in Berlin gerade ganz und gar auf Praktikanten oder nehmen nicht teil an Veranstaltungen zur Berufsorientierung. Man müsse sich schützen, heißt es in den Geschäftsstellen.

Es gab aber auch tolle Erfahrungen wie der Kontakt zum Grünflächenamt, das zwei Auszubildende zur Rallye entsandt hat, die motiviert und außerdem total wetterfest waren.

 

Vielfalt der Berufswelt kennen lernen

Die Rohrleger sind durch eine Kooperation mit Modul e.V., einem Verein für modernes Lernen, in den Medienhof-Wedding gekommen. Eigentlich wollte das Team draußen Rohre löten. „Aber wegen des schlechten Wetters mussten wir unseren Plan ändern, haben auf erneuerbare Energien gesetzt und die Kinder drinnen Windräder selber bauen lassen. Das war scheinbar eine super Idee.“, freut sich Ausbilder Christian Schulz-Topel mit Blick auf das Interesse.

Die städtischen Garten- und Landschaftsbauer kennen sowieso kein schlechtes Wetter. Sie lassen auch bei Regen Kirschlorbeer schneiden und Pflanzen bestimmen, während die Pflegekräfte drinnen Verbände anlegen.

Fragt man Kinder und Jugendliche aus dem Wedding, was sie werden wollen, kommen die immer gleichen Antworten: „Ingenieur“, „Apotheker“, „Arzt“, „Lehrer“. Häufig geben die Kinder wieder, was ihre Eltern sich wünschen: Berufe mit hohem Sozialprestige. Schaut man sich Potenzial und Kompetenzen an, wird deutlich, dass die Fähigkeiten unter Umständen ganz andere sind. Manche wären mit einer Ausbildung gut bedient, gerade wenn sie sich schnell für „Handfestes“ begeistern und besser in festeren Strukturen arbeiten können als in Selbstorganisation. Dass man in einem Ausbildungsberuf als Selbständiger mit eigenem Betrieb oft mehr verdienen kann, als im vergleichsweise kürzeren Berufsleben eines Akademikers, weiß auch nicht jeder.

 

Gemeinsame Kraftanstrengung der Bildungsträger im Wedding

Die Zusammenarbeit bei der Rallye rückt die Bildungsträger rund um den Badstraßenkiez noch ein Stück näher zusammen. Es braucht viele Kooperationen, um für Kinder und Jugendliche des Stadtteils eine Brücke zu bauen, damit sie nicht im Übergang von Schule zu Studium und Beruf „steckenbleiben“. Mit der gemeinsamen Kraftanstrengung vergrößert sich die Chance, dass nach der Schule möglichst viele ankommen – in einem Studium, einer Ausbildung oder einem Beruf, der hoffentlich für sie genau der richtige ist.

 

Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://www.betterplace.org/de/projects/5160-bildungsforderung-sprint-eine-bessere-zukunft-fur-kinder-durch-bildung

Der Artikel stammt von Ute Hempelmann, Blogredakteur SprInt.

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