SprInt gibt Heimunterricht gegen die Corona-Folgen

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Die Schüler aus dem Wedding leiden unter den Schulschließungen

Seit mehr als einem Jahr bringt die Corona Pandemie das öffentliche Leben zum Erliegen – nicht nur Bars, Restaurants und Sportstätten sind überwiegend geschlossen, auch der Betrieb von Schulen und Kitas läuft auf Sparflamme: Derzeit wird an Berliner Schulen Wechselunterricht für halbe Klassen angeboten. Das bedeutet für die Schüler also seit mittlerweile mehr als einem Jahr, dass sie viel Zeit zuhause verbringen und viel Eigenverantwortung bei der Bewältigung ihres Schulstoffs leisten müssen. Besonders im Wedding stellt dies ein großes Problem dar, schließlich sind hier oftmals die Familien groß und die Wohnungen klein. Auch haben wir die Erfahrung gemacht, dass viele der Eltern im Kiez nicht das auffangen können, was an den Schulen derzeit versäumt wird. Sie können ihren Kindern nicht bei den Hausaufgaben helfen, weil sie oft nur wenig Deutsch sprechen und beruflich stark eingebunden sind. Um diese Lücke zu schließen, bietet SprInt seit Februar Heimunterricht für benachteiligte Kinder im Kiez an – und zwar mit großem Erfolg. Möglich ist das dank einer großzügigen Spende. Und zwar von Bridgepoint, einer britischen Private Equity-Gesellschaft, die gemeinnützige Projekte wie das unsere unterstützt.

Großzügige Spende von Bridgepoint für Heimunterricht

„Ralph Betz ist ein Freund von mir“ erzählt Nicole Reiner, die seit einigen Jahren ehrenamtlich bei SprInt für die Öffentlichkeitarbeit zuständig ist, „er ist als Managing Director für Bridgepoint tätig und weiß von meinem Engagement für SprInt. Deshalb hat er mir erzählt, dass sein Arbeitgeber im Zuge der Coronapandemie soziale Bildungseinrichtungen finanziell unterstützt und hat angeregt, dass wir uns für eine Spende bewerben sollen. Das haben wir natürlich sofort gemacht und hatten glücklicherweise Erfolg mit unserer Bewerbung: Ralph konnte das firmeninterne Spendenkomitee von SprInt überzeugen.“ Ein wahrer Segen für SprInt, denn Heimunterricht ist teuer, ohne zusätzliche finanzielle Mittel könnte SprInt sich die zusätzlichen Ausgaben nicht leisten. Nicht nur, dass weitere Lehrerhonorare anfallen, auch ist Heimunterricht zeitintensiv, denn die Lehrer müssen die Nachhilfe vor- und nachbereiten, außerdem zu den Schülern nach Hause fahren, die verstreut im ganzen Kiez leben. Viel Aufwand für Unterricht, in dessen Genuss dann nur wenige Schüler kommen.

Die alternativen Bildungsangebote erreichen die Schüler nicht

„Trotzdem ist der Heimunterricht alternativlos“ erklärt SprInt Leiter Herbert, „denn die Maßnahmen, die die Berliner Bildungspolitik vornimmt, um den Ausfall des Präsenzunterricht abzufedern, greifen hier im Kiez nicht wirklich.“ Denn sie berücksichtigen nicht die schlechte technische Ausstattung vieler Familien aus dem Kiez: Die Jugendlichen haben oftmals keinen Laptop, keine Mailadresse, teilen sich ein Zimmer mit mehreren Geschwistern, bekommen die Aufgaben nicht wirklich erklärt und dann auch kein Feedback, wenn sie angefertigte Hausaufgaben einreichen  – „die Kommunikation zwischen Lehrern und Schülern läuft digital nicht so gut, zumindest sind so die Rückmeldungen, die ich hier im Medienhof-Wedding erhalte.“ Denn die Pforten von SprInt sind trotz Lockdown und Pandemie – wenn auch nicht sonderlich weit – wieder geöffnet: Täglich dürfen sich bis zu 8 Schüler einen Termin buchen und dann unter Einhaltung der AHA-Regeln das Nachhilfeangebot in Anspruch nehmen. Immerhin kann SprInt auf diesem Wege etwas Hilfestellung leisten, aber zu wenig, um die pandemiebedingten Missstände ausreichend abfedern zu können. „Das ohnehin sehr schlechte Niveau im Wedding sinkt weiter“ konstatiert Herbert, „letztens habe ich Geschichtsunterricht mit einigen Achtklässlern vom Gymnasium gemacht. Die Schüler wussten nicht, was das Mittelalter ist, hatten noch nie von Rittern gehört. Eine Grundschülerin fragte mich, wo die Gleise bei der Zugbrücke wären. In Geographie konnte eine Gymnasiastin keinen einzigen Fluss nennen. Es gibt viel zu tun und nachzuholen. Außerdem sind viele Schülerinnen und Schüler im Wedding selbstständiges Lernen ohne Anleitung und vorgegebene Lernstruktur nicht gewohnt und damit überfordert, sprachlich wie inhaltlich ganz allein auf sich gestellt zu arbeiten. Die Eltern können sie meist sowieso nicht unterstützen, die Lehrer nun auch nicht mehr täglich.“

Wie funktioniert der Heimunterricht?

Umso wichtiger also, dass der Heimunterricht von SprInt so gut anläuft, auch weil die Lehrer-Schüler-Beziehung auf digitalem Wege nur wenig Bestand hat – fruchtbarer ist eine Begegnung im realen Raum: besonders für die jüngsten unter uns. Deshalb richtet sich unser Angebot für Heimunterricht derzeit nur an Grundschüler ab der dritten Klasse, denn anders als Teenager können sie ihren Schulstoff nicht selbstständig per Whatsapp und E-Mail organisieren und bearbeiten, sondern benötigen besondere Unterstützung. So betreut SprInt Lehrer Tom derzeit Ayman und gibt dem Viertklässler Nachhilfe in Mathe, Deutsch und Englisch, „alles, was eben anfällt“ berichtet der Förderlehrer. Die Eltern von Ayman sind beide berufstätig und stark eingebunden. Dass die Schule ausfällt, trifft sie also besonders hart: „Aymans Eltern sind sehr dankbar, dass ich zu Ihnen komme und mit ihrem Sohn Hausaufgaben mache, da ihm die Schule und das Lernen mit einem Lehrer fehlt. Der Wechselunterricht ist einfach zu wenig.“ Trotzdem gibt Tom zu, dass die Situation für Ayman durchaus auch gewöhnungsbedürftig sei – statt in der Schule zu lernen, kommt der Lehrer jetzt zu ihm nach Hause und betritt damit eine private Sphäre, von der Lehrer gemeinhin eher nicht Teil sind. „Trotzdem funktioniert die Nachhilfe gut und das Lernen mit Ayman macht großen Spaß. Er hat endlich wieder eine pädagogische Bezugsperson, an die er Fragen richten kann und von der er Antworten erhält.“ Eine Einschätzung, die Ayman bestätigt: „Tom ist ein toller Lehrer. Ich mache gerne mit ihm Hausaufgaben und bin auch seitdem besser geworden, in Mathe und Deutsch zum Beispiel“, erzählt der Zehnjährige und lacht: „Auch meiner Lehrerin gefällt es, dass ich mit Tom arbeite.“

Heimunterricht ein voller, aber kostspieliger Erfolg

Auch die anderen SprInt Lehrerinnen und Lehrer, die Heimunterricht geben, zeigen sich zuversichtlich ob der Früchte ihrer Arbeit: Insgesamt wird das Angebot sehr gut von den Kids aus dem Kiez angenommen, berichten neben Tom auch Susanne, Leonie und Samar. Im März wurden 17 Kinder von 14 Förderlehrerinnen und Förderlehrern betreut, die 26 Euro plus Anfahrt für eine Doppelstunde erhielten. Sie geben im Durchschnitt jeweils 4-6 Stunden Nachhilfe pro Woche. Nur im März gaben wir 3097 Euro der Spende für Honorare aus. Trotzdem haben wir derzeit mehr Anfragen von Familien als Lehrer zur Verfügung stehen.

Mindestens bis die Spende von Bridgepoint verbraucht ist, wird SprInt also den Heimunterricht fortsetzen und damit hoffentlich zumindest einen kleinen Teil der Lücke schließen, die das Coronavirus in der Berliner Bildungspolitik hinterlassen hat. „Ralph – der sonst sehr große Deals einfädelt – hat mir übrigens erzählt, dass ihm kein Pitch so ein gutes Gefühl gegeben hat, wie der für unsere Spende. Er hat sich sehr gefreut, dass Bridgepoint uns das Geld zur Verfügung gestellt hat“ berichtet Nicole abschließend. So lässt sich ein einigermaßen versöhnliches und auch ein bisschen kitschiges Fazit ziehen: die Pandemie hat auch ihr Gutes: Sie lässt uns zusammenrücken, einander helfen und verstehen. Sie zeigt uns, was wirklich wichtig ist, nämlich der zwischenmenschliche Kontakt von Angesicht zu Angesicht.

 

 

Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://www.betterplace.org/de/projects/5160-bildungsforderung-sprint-eine-bessere-zukunft-fur-kinder-durch-bildung

Der Artikel stammt von Matthias Stoecker, Blogredakteur SprInt.

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