Nach fünfzehnjähriger Kooperation mit der RAA gehen wir nun unseren eigenen Weg

alt-text

Seit 15 Jahren sind wir mit der Sprach- und Bildungsförderung SprInt gut bei dem Träger RAA Berlin e. V. aufgehoben. Jetzt wird sich das Medienhof-Team aber selbstständig machen und einen eigenen Träger gründen. Warum? Gefällt es uns nicht mehr bei der RAA? Doch, die RAA ist weiterhin ein wunderbarer Träger. Doch nach so langer Zeit fühlen wir uns stark genug, selbstständig eigene Wege zu gehen. Mit Hilfe einiger Gesellschafter ist das nun auch möglich geworden. Gerade gründen wir die „Sprach- und Bildungsförderung SprInt gGmbH“ und werden uns als solche um einen Zuschuss durch den Senat bemühen.

 

Seit dem Jahr 2000 arbeite ich bei dem gemeinnützigen Träger Regionale Arbeitsstellen für Bildung, Integration und Demokratie e. V., kurz bei der RAA. Von Hause aus Deutschlehrer und Politikwissenschaftler war ich während der ersten fünf Jahre in der politischen Bildung und als Redakteur für die RAA tätig (Didaktik-CD-Rom „Standpunkte“, Bulletin des Zentrum Demokratische Kultur).

Indem ich die Sprach- und Bildungsförderung SprInt im Medienhof-Wedding und an Weddinger Schulen gründete, begann ich 2005 meine Arbeit in einem der Berliner Brennpunkte, dem Soldiner Kiez, berühmt berüchtigt für seine schlechten Bildungsergebnisse. Um diesen schlechten Zustand zu bessern, verließ ich mich auf die Grundsätze der RAA: Sie arbeitet eng mit lokalen Netzwerken und Schulen zusammen und baut Brücken zwischen Kiez und Schule. Sie möchte Schulen unterstützen, z. B. durch innovative Projekte wie Lernwerkstätten, durch neue Unterrichtsmaterialien, vor allem aber durch Hilfestellung für Jugendlichen, die sprachliche, soziale oder kulturelle Hürden überwinden müssen, um im deutschen Bildungs- und Berufssystem gut voranzukommen. Bei dem Ansatz der Integration durch Bildung, den der Medienhof-Wedding vertritt, geht es vorrangig um bessere Bildungs- und Berufschancen. Sprachförderung spielt dabei eine hervorgehobene Rolle.

Ab 2005 entwickelte sich das Projekt erfolgreich innerhalb der RAA. Zwar gab es gelegentlich große Probleme mit der Finanzierung, vor allem nachdem die Projektgelder der Stiftung Mercator und des Quartiersmanagments, die das Projekt anfangs getragen hatten, ausgelaufen waren. Aber immer wieder fanden sich neue Stiftungen oder private Spender, die halfen, SprInt am Leben zu erhalten. Seit 2016 wird es nun vom Berliner Senat grundfinanziert, wodurch eine gewisse Existenzsicherung gewährleistet ist.

Da wir im Wedding mit SprInt seit einiger Zeit weitgehend autonom innerhalb der RAA agieren und in Zukunft weiter unsere eigenen Vorstellungen verwirklichen wollen, ist jetzt die Zeit gekommen, um sich abzunabeln und getrennte Wege zu gehen. Das geschieht im völligen gegenseitigen Einverständnis und mit großem Respekt vor der Arbeit des jeweils anderen. In der RAA gehört es darüber hinaus zum Selbstverständnis, Projekte nach einer Aufbauphase in die Selbstständigkeit zu entlassen. Das war schon beim Zentrum Demokratische Kultur, beim Mobilen Beratungsteam gegen Rechtsextremismus oder bei der Deutschen Gesellschaft für Demokratiepädagogik der Fall, die sich alle in den letzten Jahren ausgliederten.

Nun soll also auch bei uns ein neuer, eigenständiger Träger entstehen: die Sprach- und Bildungsförderung SprInt gGmbH. Diese gemeinnützige Gesellschaft trägt dann als neue Organisation wie gewohnt die Sprach- und Bildungsförderung im Medienhof-Wedding und an den Kooperationsschulen. Einige bisherige Spender mit viel Sachverstand und großem Herzen haben sich bereit erklärt, eine Einlage zu tätigen. Das sind ganz konkret unser langjähriger Förderer Dr. Bloechle und die beiden Betriebswirtschafter und bisherigen Spender Fabian Kröll und Ilja Reiner. Außerdem werden mein Kollege Carsten Haupt und ich die neue gemeinnützige Gesellschaft mitfinanzieren. Sie vereinigt die Vorteile einer Firma und die eines gemeinnützigen Vereines: Es kann wie bei einer Firma Kapital eingebracht werden, um Rücklagen zu bilden und neue Ziele zu verfolgen. Eine gGmbH ist trotzdem körperschaftssteuerbefreit und darf Spenden-, Stiftungs- und Programmgelder wie ein gemeinnütziger Verein beantragen und annehmen. Dafür ist es in einer gGmbH ausgeschlossen, dass Geschäftsführer oder Angestellte sich überdurchschnittlich gut mit Gehältern ausstatten oder Profite erzielen. Die Gehälter müssen sich an Tariftabellen orientieren, alle Einnahmen müssen wieder für den gemeinnützigen Zweck reinvestiert werden.

Zukünftig würden wir gerne mehr Geld durch besseres Fundraising einnehmen und mehr dringend benötige Standorte eröffnen; in Berlin-Wedding aber auch in anderen Berliner Bezirken, um mehr Kindern bessere Bildungschancen mit auf den Weg zu geben.
Und wir wollen das Projekt qualitativ weiterentwickeln. So soll es eine große Internet-Plattform geben, auf der sprachorientiertes Lehrmaterial für den Fachunterricht zu finden ist, am besten auch in interaktiver Form. Unsere studentischen Förderlehrer*innen sollen im Bereich Sprachförderung zusätzlich geschult werden. Wir wollen den Übergang von der Schule in den Beruf durch individuelles Berufscoaching der Schülerinnen und Schüler wesentlich verbessern. Und wir würden gerne innovative Unterrichtsformen wie Sprachlernwerkstätten oder sprachorientierte Projekte, zum Beispiel Jugendtheaterproduktionen, mit den Schulen zusammen entwickeln. Eine Sprach- und Bildungsförderung im sozialen Brennpunktkiez eben, die sich weiterhin für bessere Bildungschancen und die Integration junger Migrant*innen einsetzt, nur eben noch unabhängiger als bisher.

 

Der Artikel stammt von Herbert Weber, dem Leiter von SprInt. Herbert Weber ist gelernter Landschaftsgärtner und studierte später Politikwissenschaft, Geographie und Deutsch auf Lehramt und Magister. Nach einer Zeit als Deutschlehrer und Redakteur gründete er 2005 die Sprach- und Bildungsförderung SprInt.