DaZ Fortbildung in Gussow

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Die Biologielehrer konnten nicht verstehen, dass die Schülerin im Unterricht alles korrekt wusste, aber bei der Biologieklausur so falsch lag. So hatte die Frage im Test neben der Abbildung einer Pflanze mit Wurzeln, Sproß und Blättern gelautet: „Welche Stoffe nimmt diese Pflanze über die Wurzel auf?“. Die Schülerin – keine deutsche Muttersprachlerin – hatte Sauerstoff und Kohlendioxid angegeben, obwohl diese Stoffe doch durch die Blätter verarbeitet werden. Plötzlich fiel es der Biologielehrerin wie Schuppen von den Augen: „Über die Wurzel“, na klar. Die Schülerin hatte die Bedeutung von „durch die Wurzeln“ bei dieser Formulierung nicht gekannt, sondern nur die Ortsbezeichnung gesehen. Und die Blätter liegen ja nun über den Wurzeln.

Das war nur eines von vielen Beispielen, die unser Dozent Stefan Paffrath in unserer diesjährigen Fortbildung brachte, um zu verdeutlichen wie wichtig Sprache für den Bildungserfolg ist – und zwar nicht nur im Fach Deutsch selbst, sondern auch in den Naturwissenschaften. Jedes Jahr laden wir deshalb unsere neuen Studentinnen und Studenten von SprInt zu einem Wochenende nach Brandenburg ein, auf dem sie lernen sollen, wie sie auch in Fächern wie Mathematik, Geschichte oder Biologie die deutsche Sprache unserer Schülerinnen und Schüler fördern können. Sprache ist der Schlüssel zu den Fachinhalten und die erschließen sich nicht, wenn der Schlüssel fehlt. Wie soll ich die Neigung einer Rampe berechnen, wenn ich keine Vorstellung habe, was eine Neigung oder was eine Rampe ist. Wenn ich nicht weiß, ob es der, die oder das Leber heißt, verstehe ich im Folgesatz nicht, worauf sich „ihre“ Funktion bezieht. Vielleicht auf die Herz? Oder die Darm? Vielleicht auf irgendeine Frau? Schon bei dem Pronomen „ihre“ wird Deutsch für manche Nichtmuttersprachler undurchschaubar.

Stefan Paffrath vom Zentrum für Sprachbildung und Barbara Krischer, die die Sprachmodule für Lehramtsstudierende an der FU Berlin organisiert, versuchten uns jedenfalls Wege aufzuzeigen, mit denen unsere Schülerinnen und Schüler aus dem Wedding diese Doppelhürde – Fachinhalt und Sprache gleichzeitig lernen zu müssen – bewältigen können. Eine Methode ist beispielweise eine Entlastung der Texte durch Wortlisten oder Strukturbilder, eine andere ein Sprachgerüst, das den Kindern beim Sprechen und Schreiben mitgegeben wird und ihnen hilft, sich auszudrücken. So können sie sich beim Lesen und beim Schreiben, sowohl sprachlich als auch fachlich, Schritt für Schritt weiterentwickeln.

Wir waren sehr begeistert über den kompetenten und praxisnahen Input, den die Dozenten leisteten. Die angehenden jungen Lehrerinnen und Lehrer, die in ihrem Lehramtsstudium mit dem Thema Sprachbildung bisher eher wenig zu tun hatten, waren jedenfalls durchweg zufrieden. „Wir haben viel mitgenommen“, war der Tenor.

In den Pausen diente die Fortbildung natürlich auch dem Teambuilding, wie das neudeutsch heißt. Wir grillten gemeinsam, spielten Volleyball, Tischtennis und Werwolf und badeten in dem klaren Brandenburger See. Nachts ergab sich noch die Gelegenheit, das Sternenzelt zu betrachten, das in Brandenburg so viel klarer zu sehen ist als in Berlin. Die Studierenden, am Anfang noch etwas gehemmt, wuchsen schnell zu einem regelrechten Freundeskreis zusammen. Es gab auch am Esstisch viele Gespräche über Didaktik, Sprachförderung und die Situationen von Lehrerinnen und Lehrern in Brennpunktkiezen wie dem Wedding. Viele Erfahrungen aus dem Studium und aus der SprInt-Förderung wurden ausgetauscht. Schließlich arbeiten die Studentinnen und Studenten normalerweise an verschiedenen Schulen oder im Medienhof-Wedding und sehen sich im Projekt zum Teil gar nicht.

Apropos Essen. Felix, der überall half, wo Not am Mann war, Damian, der als Unternehmensberater ehrenamtlich für uns arbeitet, und der unermüdliche Carsten, der für die Mahlzeiten  verantwortlich war, bemühten sich, die besten Speisen in der Küche des Stadtmissionshauses in Gussow für die Gruppe zuzubereiten. Und es ist ihnen gelungen. Alle waren angetan von dem Essen. Carsten bekam am Ende sogar noch von den Teilnehmenden einen First-Class-Restaurantgutschein als Dankeschön. Es war eine rundum gelungene Veranstaltung.

Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://www.betterplace.org/de/projects/5160-bildungsforderung-sprint-eine-bessere-zukunft-fur-kinder-durch-bildung

Der Artikel stammt von SprInt-Leiter Herbert Weber. Herbert Weber ist gelernter Landschaftsgärtner und studierte später Politikwissenschaft, Geographie und Deutsch auf Lehramt und Magister. Nach einer Zeit als Deutschlehrer und Redakteur gründete er 2005 SprInt.

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