Das Patenschaftsprojekt von SprInt im Parkviertel
Berlin, Juli 2024 – von Marcel Neudeck
Ich habe jüngst an einer Grundschule im Wedding mein Referendariat gemacht. Hier konnte ich erleben, wie schwierig es für die Schülerinnen und Schüler ist, wenn die deutsche Sprache nicht von allen ausreichend gesprochen wird. Was tun? Ich wünschte mir, dass es außerhalb der Schule jemanden gäbe, mit dem die Kinder ohne Druck die Sprache besser verstehen lernen und so auch der Schulstoff besser bewältigt wird. Das wäre eine Win-Win-Situation für Schüler und Lehrer! Aber so etwas gibt es nicht, dachte ich. Stimmt nicht! Denn jetzt habe ich als Förderlehrer bei SprInt deren Patenschaftsprojekt im Parkviertel kennengelernt. Näheres dazu konnte mir Alina Grimbo, die Leiterin des Lern- und Sprachpatenprogrammes in einem Gespräch erzählen.
Die „Lern- und Sprachpaten im Parkviertel“
Marcel: Du leitest das „Lern- und Sprachpatenprogramm“ von SprInt. Was ist das?
Alina: Das ist ein Patenschaftsprojekt, welches wir in Kooperation mit der Gottfried-Röhl-Grundschule seit ca. einem Jahr hier im Wedding machen. Studierende und Ehrenamtliche übernehmen eine Patenschaft für jeweils ein Kind, zu dem sie einmal in der Woche anderthalb Stunden nach Hause gehen, um Nachhilfe zu geben, also um mit dem Kind Hausaufgaben zu machen oder für Klassenarbeiten zu lernen. Da dabei Lesen und Schreiben geübt werden, betreiben die Pat:innen eigentlich auch eine ganz grundsätzliche Sprachförderung. Außerdem gehört zu dem Projekt, dass man alle zwei Monate zusammen einen Ausflug macht, offiziell in bildungsrelevante Einrichtungen, also ins Kindertheater oder ins Museum; aber wir waren auch schon im Kino oder einfach mal Fußball spielen, wenn das kickt.
Das ist kurz skizziert der Rahmen des Projekts und das machen wir, weil wir diese dauerhafte Eins-zu-Eins-Beziehung im Medienhof, wo es an vier Tagen in der Woche umsonst Nachhilfe gibt, so nicht hinkriegen, sie aber für wichtig und produktiv erachten. Im Medienhof wechseln täglich die Lehrkräfte und auch die Schüler:innen sind nicht immer die gleichen. Sie brauchen oftmals heute Hilfe für die Klassenarbeit, die sie morgen schon schreiben. Da gilt es dann, schnell das Beste aus dem Vorhandenen zu machen. Das ist supergut, aber bei dem Patenschaftsprojekt kann eine engere Beziehung entstehen, weil man sich ja regelmäßig und über einen längeren Zeitraum verlässlich sieht. Es entwickelt sich ein Vertrauensverhältnis und ein aufeinander aufbauendes Lernen, da man sich kennt und nicht immer wieder von vorne anfängt.
Die eigene Patenschaft
Marcel: Hast du auch eine Patenschaft und wenn ja, wie lange?
Alina: Hab ich und jetzt schon fast ein Jahr. Das ist superschön und ich bin über die Zeit mit meinem Patenkind voll vertraut geworden, auch mit der Familie. Am Anfang war das etwas seltsam. Man kommt ja in eine fremde Familie nach Hause; aber mittlerweile gehe ich da ein und aus und bleib‘ immer noch zum Essen. Mein Patenkind geht in die 5. Klasse und wir verstehen uns mega gut, machen die ganze Zeit irgendwelche coolen Ausflüge, das ist echt voll schön.
Marcel: Und endet das jetzt nach einem Jahr?
Alina: Nein. Wir haben das Projekt auf drei Jahre angesetzt und so ist es bei mir auch geplant. Aktuell suchen wir neue Pat:innen, weil wir zum neuen Schuljahr weitere Kinder aufnehmen wollen, die dann in die 5. Klasse kommen. Wir finden das gut, die Schule findet das gut und die Kinder offensichtlich auch. Es hat sich bewährt.
Auswahl der Kinder
Marcel: Was qualifiziert ein Kind dafür, bei dem Projekt mitmachen zu dürfen?
Alina: Erstmal qualifiziert das Kind seine Motivation mitzumachen, das ist ja etwas Freiwilliges. Es hilft nichts, wenn die Lehrkraft sagt „Hey, mach das doch mal!“, aber die Kinder gar keinen Bock darauf haben. Das heißt, die Lehrer:innen sprechen gezielt Kinder an, bei denen sie sich gut vorstellen können, dass sie sich einmal in der Woche zusätzlich mit jemanden hinsetzen, um zu lernen. Das sind dann sowohl Kinder, die auf ein Gymnasium wollen, als auch solche, die zu Hause einfach nicht so viel Unterstützung haben oder deren Eltern wenig Deutsch sprechen. Die Kinder bewerben sich für das Projekt, wobei sie natürlich von der Schule und ihren Lehrkräften unterstützt werden. Mein Patenkind z. B. hat ein paar Defizite in Deutsch, aber der ist total schlau, will unbedingt aufs Gymnasium und holt sich so nochmal den Extra-Push. Wir haben aber auch Kinder dabei, die überall gerade so auf 4 oder 5 stehen und die wirklich Hilfe brauchen und kriegen sollten. Wir sehen, dass das was bringt und das wir da was leisten können, was die Schule alleine nicht schaffen kann.
So wird man Sprachpat:in bei SprInt
Marcel: Was tue ich jetzt, wenn ich Lern- und Sprachpate werden will?
Alina: Dann schreibt man eine E-Mail an alina.grimbo@bildung-sprint.de und daraufhin gibt es ein persönliches Treffen. Danach wird eine Einführungsveranstaltung stattfinden, bei der Tipps gegeben werden, wie man am besten an die Patenschaft und ans gemeinsame Lernen rangeht. Da fällt mir ein: Wir haben ganz viele Leute im Projekt, die keinen Hintergrund im pädagogischen Bereich haben, die in ganz anderen Berufsfeldern arbeiten und die kriegen das alle super hin.
Marcel: Also guckst du dir die Leute vorher schon an, ob das passen könnte?
Alina: Ja, klar! Natürlich! Wir treffen uns auf jeden Fall mit allen vorher persönlich, damit man sich kennenlernen und alles bereden kann und begleiten die Pat:innen dann auch. Und wenn wir das Gefühl haben, dass das Projekt nicht verstanden wird, dann sagen wir das und dann geht es manchmal auch nicht. Das muss schon passen.
Marcel: Glaubst du, dass Leute, die sowas noch nie gemacht haben, sich überhaupt vorstellen können, wie sinnvoll das ist? Rhetorische Frage!
Alina: Ich hoffe! Vermutlich kann man sich das nicht vorstellen, aber ich glaube, man merkt das ganz schnell, wenn man mitmacht. Manchmal muss man nur ein paar Wörter oder einen Satz erklären oder sich von dem Kind erklären lassen, ihm zuhören, und plötzlich macht der Unterricht Sinn. Man sieht echt schnell Fortschritte und das ist voll schön zu sehen.
Zahlen zu Patenschaften und Bezahlung
Marcel: Wie viele Patenschaften gibt es?
Alina: Es gibt aktuell 21 Tandems, also 21 Studierende oder Ehrenamtliche als Pat:innen und dann natürlich genauso viele Pat:innenkinder.
Marcel: Und wenn ich jetzt als Student etwas knapp bei Kasse bin und finde das eigentlich eine tolle Sache …
Alina: … dann wirst du als Student:in mit 15 Euro die Stunde entlohnt und die Eintrittsgelder für alle Ausflüge, die du mit deinem Patenkind machst, werden natürlich bezahlt sowie die Zeit, die du dabei investierst. Das ist einfach eine Verbindlichkeit, die man da jede Woche eingeht, und das wird auch bezahlt.
Damit wir auch in Zukunft den Schülern helfen können, benötigen wir Ihre Spende. Bitte unterstützen Sie uns unter: https://foerderunterricht-sprint.de/spenden/
Das Gespräch führte Marcel Neudeck am 9. Juli 2024.